Beschreibung
Die Arbeitshypothese dieser Untersuchung geht davon aus, dass Heideggers Begriff des »Sichverhaltens«, welcher die Existenz des »Daseins« als »Sorge« konstituiert, eine unausgesprochene Thematisierung des wenig erforschten Phänomens der »Gebärde« impliziert. Diese lässt sich mit Heideggers Theorie der vorprädikativen Dimension der theoretischen Sprache in Verbindung bringen. »Gebärden« können einen Diskurs nicht nur durch gestische Akzentuierung unterstützen; sie vermögen auch, Worte zu ersetzen oder das verständlich zu machen, was mit sprachlichen Mitteln nicht adäquat ausgedrückt werden kann. Da das »In-der-Welt-sein« von vornherein durch das »Mitsein« mit anderen konstituiert ist, kann das »Dasein« selbst dann etwas mitteilen, wenn es nichts Bestimmtes zu sagen hat – etwa durch das unwillkürliche Erröten des Gesichts. Das Rotwerden vor Scham ist, wie Heidegger in den Zollikoner Seminaren ausführt, eine Gebärde des »Mitseins«: ein Phänomen der mitmenschlichen Bezogenheit auf andere, das sich der bewussten Kontrolle entzieht und einen ekstatischen Sinn besitzt, der räumlich erfahrbar ist. Das »Zeigen« wiederum stellt einen Spezialfall der Gebärde dar: Es kann als »Zeichen fungieren«, durch das einem anderen »Dasein« eine räumliche Orientierung innerhalb einer »Bewandtnisganzheit« vermittelt werden kann.

