Beschreibung
Goethes “Faust” inspirierte wie kaum ein anderes Schauspiel bereits im 19. Jahrhundert namhafte und weniger bekannte Musiker zu Vertonungen. In Schuberts, Berlioz’, Wagners, Schumanns oder Gounods Kompositionen eröffnete er ganz eigene Wege. Dies hängt mit der multimedialen Konzeption des Dramas zusammen. Schon sein erster Teil bündelt vielfältige Stränge und Traditionen des Musiktheaters. Kein Schauspiel um 1800 sah eine so vielfältige Mischung aus Liedern, Melodramen, Chor- und Instrumentalpassagen vor. Für das Theater der Goethezeit barg der “Faust” jedoch ungeheure Herausforderungen. Kaum bewusst ist noch heute, dass erst die Musik den eigentlichen Impuls für die ersten Aufführungen gab. Auch in Goethes eigenen Bühnenversuchen und den professionellen Gesamtaufführungen um 1830 spielte Musik eine wichtige Rolle. Aus den Kompositionen Radziwills, Lindpaintners und Eberweins lassen sich nicht nur allgemeine Theaterkonventionen erschließen. Sie vermitteln zudem Einblicke in die Inszenierungspraxis der Zeit. Diese legte Goethes vieldeutiges Stück mit Blick auf ganz bestimmte ästhetische Effekte und Wirkungen aus. Die Autorin zeigt auf der Grundlage neuer Quellenfunde eindrücklich, wie die bisher wenig untersuchte Gattung Schauspielmusik zu einem Experimentierfeld für das Musiktheater des 19. Jahrhunderts wurde.