
Die Frage nach Schönheit ist eine, die Künstler, Philosophen und Denker aller Zeiten beschäftigt hat. Im zweiten Beitrag unserer Miniserie »Schönheit bei K&N« widmen wir uns einer besonderen Form der Schönheitsreflexion: der Metakunst.
Die Metakunst, die Kunst, die sich selbst betrachtet, erscheint wie ein vielschichtiges Kaleidoskop von Reflexionen. Innerhalb dieses Reflexionsraums untersucht und hinterfragt sich die Kunst in all ihren Ausdrucksformen und ihrer Bedeutung. Roland Duhamels Werk »Reflexionen. Kunst im Spiegel der Literatur« taucht tief in diese Materie ein. Duhamel beschreibt Metakunst als „die Kunstbetrachtung der Fiktion“ und betont, wie sie als „das kreative Selbstbewusstsein und Gewissen der Kunst“ fungiert. Die Gedanken der Metaliteratur beschreibt er als „der Anfang der Literaturwissenschaft durch die Literatur.” Ein weiteres markantes Zitat aus seinem Buch ist: „Metakunst ist weder Fiktion noch Wirklichkeitsaussage, sondern Reflexion, ein Spiegel, in dem bekanntlich der, die oder das Gespiegelte ungreifbar aber noch lange nicht unwirklich ist.“
Von Goethe bis Christa Wolf: Ein Blick in das Kaleidoskop der deutschen Literatur
Das Buch, das in seiner 2. erweiterten Auflage erscheint, baut auf Duhamels erstem Band »Dichter im Spiegel. Über Metaliteratur« auf, der bereits 2001 bei K&N erschienen ist. Im vorliegenden Werk taucht der belgische Germanist tief in das Phänomen der Metakunst ein und untersucht, wie Literatur über Musik, Malerei und sich selbst reflektiert. Dabei wird deutlich, dass Metakunst mehr ist als nur ein Trend; sie ist ein Fenster in die Seele der Kunst und bietet Einsichten, die herkömmliche Analysen oft übersehen.
Die Erörterungen spannen einen Bogen von Goethe bis Kafka, von Grillparzer bis Thomas Mann, von Uwe Johnson zu Christa Wolf und viele mehr. Dabei ist das Werk ist nicht nur eine literaturwissenschaftliche Untersuchung, sondern auch eine philosophische Reflexion über das Wesen der Schönheit, ihre Verbindung zur Wahrheit und ihre Rolle in der Kunst. Es vermittelt ein tieferes Verständnis für das Zusammenspiel von Ästhetik und Erkenntnis. Literatur, die sich selbst als Gegenstand der Kunst betrachtet, ermöglicht es den Lesern, tiefer in die Natur von Schönheit, ihre Quellen und ihre Bedeutung in unserem Leben einzutauchen.
In einem kurzen Gespräch gewährte Roland Duhamel uns Einblicke über Metakunst, Schönheit und die Herausforderungen des Schreibens.
Ihr Buch trägt den Titel „Reflexionen“, was sofort Gedanken an Spiegelbilder hervorruft. Sehen Sie die Metakunst als eine Art Spiegel dessen, was in der Kunst vor sich geht? Oder glauben Sie, dass die Metakunst eine völlig neue Kunstebene geschaffen hat?
„Reflexion bedeutet Besinnung, aber auch Spiegel, in dem sich die Kunst selbst sieht, mitunter spreizt und analysiert. Die Metakunst schafft keine wirklich neuartige Kunstebene und sieht die Kunst nicht aus der Außenperspektive, sondern lebt von und in der Kunst, ja im Herzen der Kunst, die sie gleichzeitig in die Tat umsetzt. Sie ist die Selbstbesinnung und Selbstbestimmung der Kunst.“
Denken Sie, dass Menschen durch Kunst versuchen, die Mysterien der Kunst selbst zu entschlüsseln, in der Hoffnung, das Unsagbare ungreifbarer Konzepte wie zum Beispiel Schönheit ausdrücken zu können?
„Durch Kunst, aber auch durch die philosophische Annäherung wie die wissenschaftliche Interpretation einzelner Werke versuchen die Menschen die Mysterien der Kunst zu entschlüsseln, das Unsagbare, Schönheit aber auch Wahrheit, trotzdem zu sagen.“
Welche Herausforderungen sind Ihnen beim Schreiben Ihres Buches begegnet und wie haben Sie diese gemeistert
„Die großen Herausforderungen beim Schreiben bestanden in der Vielheit und Vielfalt der literarischen Erzeugnisse durch die Jahrhunderte, den verschiedenen Strategien und Einflüssen, gegenseitigen aber auch denen der akademischen Philosophien und Ästhetiken, der richtigen Einschätzung allzu subjektiver oder ironischer Stellungnahmen. Nicht jede Einlassung eines Romans steht für die Meinung seines Autors.“
Ein Leben im Dienste der deutschen Literatur und der kritischen Reflexion
Roland Duhamel hat nicht nur in seiner Heimat, sondern auch international Anerkennung für seine Arbeit in der Literaturwissenschaft und Kulturphilosophie erhalten. Als emeritierter Ordinarius der Universität Antwerpen für deutsche Literatur und Fachdidaktik hat er sich über Jahrzehnte hinweg intensiv mit der deutschen Literaturkultur auseinandergesetzt.
Zwischen 1977 und 2012 übernahm er den Vorsitz des Belgischen Germanisten- und Deutschlehrerverbandes. Und seit 2015 ist er als Zweiter Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache in Kamen tätig. Sein Beitrag zur deutschen Literatur, Semiotik, Kulturphilosophie, Ästhetik und Fachdidaktik ist durch zahlreiche Veröffentlichungen belegt. Sein Wohnsitz befindet sich im malerischen Ostende an der belgischen Nordseeküste.
Ein zentraler Aspekt von »Reflexionen« ist Duhamels Nachdruck auf die Wichtigkeit, sich über bloße Theorien und Fachsprache hinaus mit Literatur zu beschäftigen. „Schnuppern wir Werkstattluft“, fordert er in seinem Buch, und wirft damit einen kritischen Blick auf die akademische Ästhetik, die oft die echte Leidenschaft und das Handwerk hinter der Kunst übersehen kann.
Die 2., erweiterte Auflage von Roland Duhamels »Reflexionen« ist ab sofort als Print und eBook erhältlich bei K&N.